Gewidmet dem Hamburg Ballett John Neumeier
Sonntag, den 14. Juli 2024 | 18.00 Uhr | Mehr...
Leitung: John Neumeier
Musikalische Leitung: Simon Hewett
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
"Dance is a labor of love" – diese Worte stehen am Ende der Ballettgala "The World of John Neumeier", in deren Verlauf ich wesentliche Stationen meines Lebens in Form von Ausschnitten aus meinen Balletten am Zuschauer vorüberziehen lasse. Zu den Worten beginnt der Schlusssatz aus "Dritte Sinfonie aus Gustav Mahler" – ein Werk, das über die Jahrzehnte zu einem Symbol des Hamburg Ballett geworden ist.
Den Gedanken, dass Liebe und Kunst untrennbar miteinander verbunden sind, habe ich schon als Schüler an der Bay View Highschool in Milwaukee/Wisconsin anhand eines kleinen Buchs des deutsch-amerikanischen Philosophen Erich Fromm kennengelernt: "The Art of Loving (Die Kunst des Liebens)". Dort findet sich die treffende Formulierung zum Verhältnis von Liebe und Arbeit, die ich auf Englisch zitiere – der Sprache, in der sie mir zuerst begegnet ist: "God explains to Jonah that the essence of love is to 'labor' for something and "to make something grow,' that love and labor are inseparable. One loves that for which one labors, and one labors for that which one loves." (Gott erklärt Jonas, dass die Essenz von Liebe darin besteht, für etwas zu "arbeiten" und "etwas wachsen zu lassen", damit Liebe und Arbeit untrennbar sind. Man liebt das, wofür man arbeitet, und man arbeitet für das, was man liebt.)
Das Thema der Liebe spielt auf die eine oder andere Weise in allen meinen Werken eine Rolle. In seiner dritten Sinfonie war es Gustav Mahler persönlich, der dem letzten Satz den Titel gab: "Was mir die Liebe erzählt". Auch wenn der Komponist diesen Titel letztlich nicht veröffentlichte, bedeutet mir der Assoziationsraum sehr viel – gerade in einem Ballett, dessen Bewegungssprache zunächst allein aus der kunstvollen Klangsprache entwickelt war.
Beim wiederholten Lesen von Erich Fromms Buch "Die Kunst des Liebens" fiel mir auf, dass der 6. Satz aus diesem Ballett sich geradezu als eine in Bewegung transformierte Darstellung von Fromms Theorie der Liebe begreifen lässt. Zu Beginn des Satzes sind alle Figuren in ein trostloses, blaugraues Licht getaucht. Sie greifen nach etwas, das außerhalb ihres Selbst liegt. Eine Bewegung, die Biegung des Kopfes nach vorne, vermittelt das "Hohle" dieses Zustands ohne Liebe – immer auf der Suche nach einem Weg aus der Einsamkeit.
Nachdem die Tänzerinnen und Tänzer von einer "Umarmung" zur nächsten laufen, tritt zu der männlichen Hauptfigur des Balletts eine dunkelrot gekleidete, weibliche Figur, die im vorhergehenden Satz als Engel bezeichnet wurde. Rot ist für mich persönlich die Farbe der Liebe – man denke nur an die zahlreichen Darstellungen der Gottesmutter Maria in der Malerei der Renaissance. Die beiden tanzen einen innigen Pas de deux, worauf der "Engel" verschwindet.
Seine Liebe hat den Mann beseelt und auch nachdem er wieder allein ist, lebt er weiterhin im Zustand der Liebe: Sobald er sich umschaut, werden alle Tänzer als rot gekleidete Figuren sichtbar. Die Begegnung mit seinem "Engel" hat etwas in ihm ausgelöst, sodass er alle Menschen im Zeichen der Liebe ansieht. Bei Fromm finde ich diesen Gedanken ganz ähnlich formuliert: "If I truly love one person I love all persons, I love the world, I love life. If I can say to somebody else, 'I love you,' I must be able to say, 'I love in you everybody, I love through you the world, I love in you also myself.'" (Wenn ich jemanden zutiefst liebe, liebe ich alle, liebe ich die Welt, liebe ich das Leben. Wenn ich zu jemandem sagen kann: "Ich liebe dich", dann muss ich auch sagen können: "Ich liebe jeden in dir, ich liebe durch dich die ganze Welt, ich liebe an dir auch mich selbst.")
John Neumeier
TEIL I
aus Yondering
Choreografie und Kostüme: John Neumeier
Musik: Stephen C. Foster
Es tanzt die Ballettschule des Hamburg Ballett John Neumeier
aus Spring and Fall
Choreografie und Kostüme: John Neumeier
Musik: Antonín Dvorák
Es tanzen
Alessandro Frola – Olivia Betteridge
Francesco Cortese, Emiliano Torres
aus Préludes CV
Choreografie, Bühnenbild und Kostüme: John Neumeier
Musik: Lera Auerbach
Es tanzen
Yun-Su Park – Lizhong Wang
Ida Stempelmann – Christopher Evans
Klavier: Angela Yoffe
Violine: Anton Barakhovsky
aus Unbound
Choreografie: Edvin Revazov
Musik: Ludwig van Beethoven, Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 (Eroica), 2. Marcia funebre. Adagio assai
Es tanzt das Hamburger Kammerballett
aus Hello
Choreografie: John Neumeier
Musik: George Couroupos
Es tanzen
Madoka Sugai – Alexandr Trusch
Klavier: Michał Białk
Violoncello: Alexey Stadler
aus Beethoven-Projekt II
Choreografie: John Neumeier
Musik: Ludwig van Beethoven
Bühnenbild: Heinrich Tröger
Kostüme: Albert Kriemler – A-K-R-I-S-
Es tanzt das Hamburg Ballett John Neumeier
TEIL 2
aus Das Lied von der Erde
Choreografie, Bühnenbild, Licht und Kostüme: John Neumeier
Musik: Gustav Mahler
Es tanzen
Xue Lin – Alexandr Trusch – Karen Azatyan
und das Ensemble
Tenor: Klaus Florian Vogt
TEIL 3
aus In the Blue Garden
Choreografie, Bühnenbild und Kostüme: John Neumeier
Musik: Maurice Ravel
Es tanzt das Bundesjugendballett
aus Die Möwe
Choreografie, Bühnenbild und Kostüme: John Neumeier
Musik: Dmitri Schostakowitsch
Es tanzen
Ana Torrequebrada – Louis Musin
Klavier: Ondřej Rudčenko
aus Ghost Light
Choreografie, Bühnenbild, Licht und Kostüme: John Neumeier
Musik: Franz Schubert
Es tanzen
Silvia Azzoni – Alexandre Riabko
Matias Oberlin – Alessandro Frola
Klavier: Michał Białk
aus Lento
Choreografie: John Neumeier
Musik: Dmitri Schostakowitsch – Erstes Klavierkonzert, 2. Satz
Es tanzen
Olga Smirnova – Jacopo Bellussi
Klavier: Michał Białk
aus Des Knaben Wunderhorn
Choreografie und Kostüme: John Neumeier
Musik: Gustav Mahler
Es tanzen
Anna Laudere – Edvin Revazov
Mezzosopran: Katja Pieweck
aus Le Spectre de la rose
Choreografie: John Neumeier
Musik: Hector Berlioz
Es tanzen
Aleix Martínez – Ida Praetorius – Matias Oberlin
Klavier: Michał Białk
Mezzosopran: Annelie Sophie Müller
aus Dritte Sinfonie von Gustav Mahler
Choreografie, Bühnenbild, Licht und Kostüme: John Neumeier
Musik: Gustav Mahler
Es tanzen
Alina Cojocaru – Edvin Revazov
und das Ensemble