EINIGE WORTE VOR DER AUFFÜHRUNG
"Das Lied von der Erde" ist das Ergebnis eines langen Dialogs, den der Ballettdirektor des Hamburg Ballett 1974 mit der Musik von Gustav Mahler begonnen hat. Diese Sinfonie für Orchester und zwei Gesangsstimmen gilt als das persönlichste Werk, wenn nicht sogar als "das" Meisterwerk des Komponisten. Mahler vertonte darin eine Sammlung chinesischer Gedichte aus dem 8. Jahrhundert, die ins Deutsche übersetzt worden waren und von Mahler zum Teil umgeschrieben wurden.
"Das Lied von der Erde" besteht aus sechs Teilen, in denen der Komponist sieben Gedichte vertont hat, die vom Rhythmus der Jahreszeiten, von der Freundschaft, von der Schönheit junger Mädchen und von der Schönheit der Natur erzählen - vor allem aber von der Hilflosigkeit des Menschen im Angesicht der Endlichkeit des Lebens. Als das Werk entstand, trauerte der Komponist gerade um seine älteste Tochter und bei ihm wurde ein schweres Herzleiden diagnostiziert, sodass er auf die gewohnten, langen Wanderungen in den Bergen verzichten musste. Es ist, als hätte er in den teils von Traurigkeit und teils von Fröhlichkeit geprägten Liedern Trost für seine Melancholie gesucht.
Fünfzig Jahre nachdem John Neumeier Kenneth MacMillans Ballett "Das Lied von der Erde" getanzt hatte, das 1965 in Stuttgart uraufgeführt wurde, wollte er sowohl den Choreografen als auch den Komponisten zum Abschluss eines Zyklus würdigen, der 15 Ballette mit Musik Gustav Mahlers umfasst. Dank seiner tiefen Musikalität hat John Neumeier seiner Intuition und seiner Sensibilität freien Lauf lassen können bei der Suche nach den besonderen Gefühlsschichten in der Partitur und den Gesangstexten. Die Affinität des Ballettintendanten zu fernöstlicher Lyrik und den Mahler'schen Sinfonien kommen sowohl in der außerordentlich subtilen Choreografie als auch in der schlichten Szenografie und den stilisierten Kostümen zum Ausdruck, die der Choreograf persönlich anhand historischer chinesischer Gemälde entworfen hat. Die Tänzer werden von der Musik und dem Gesang getragen und verstehen sich als Interpreten einer unaussprechlichen, poetischen Inspiration. Sie verkörpern mit ihren Bewegungen die vollkommene Symbiose zwischen den Texten und der Partitur von Gustav Mahler.
Sylvie Blin
Musik: Gustav Mahler
Choreografie, Bühnenbild, Licht und Kostüme: John Neumeier
Unterstützt durch Else Schnabel und die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper
1 Stunde 30 Minuten | keine Pause
PREMIERE:
Ballet National de l'Opéra de Paris, Paris, 24. Februar 2015
Premiere in Hamburg:
Hamburg Ballett, Hamburg, 4. Dezember 2016
ORIGINALBESETZUNG:
Laetitia Pujol
Mathieu Ganio (Hervé Moreau)
Karl Paquette
GASTSPIEL:
2017 Baden-Baden
IM REPERTOIRE:
Ballet de l'Opéra National de Paris
Ballet de l’Opéra national du Capitole
The National Ballet of China