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Choreografische Episoden, inspiriert von Johann Sebastian Bachs Messe in h-Moll von John Neumeier

Dona Nobis Pacem

"Dona Nobis Pacem" – gib uns Frieden. Dieser Titel ist mir wichtig, selbst auf die Gefahr hin, dass er auf manche naiv, pathetisch oder gar prätentiös wirken könnte. Den Titel und die Musik habe ich vor dem 24. Februar ausgewählt.

Angesichts der um sich greifenden Unversöhnlichkeit in unserer Welt bot dieser Gedanke eine wichtige Anregung, mich mit Johann Sebastian Bachs vielschichtiger Komposition zu befassen.

In meiner 50. Saison als Intendant sehe ich diese Kreation als große Chance. Es wäre für mich unvorstellbar, ein Ballett mit der h-Moll-Messe mit einer anderen Compagnie als meiner eigenen zu erarbeiten.

Etwas Derartiges ist nur mit einem vertrauten Ensemble möglich, wie es die Tänzerinnen und Tänzer meiner Compagnie in einzigartiger Weise sind.
John Neumeier


GÜNTER JENA GEWIDMET

Musik: Johann Sebastian Bach
Choreografie, Bühnenbild, Licht und Kostüme*: John Neumeier
Fotografie und Videografik: Kiran West
Texte:
• Auszüge aus dem Gedicht "De Profundis" von Jean Marc Bernard
• Das Gedicht "Der Schatten" von Günter Kunert
• Auszug aus "Imagine" von John Lennon und Yoko Ono

Unterstützt durch die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper
*Mein persönlicher Dank an Albert Kriemler (AKRIS) für die freundliche Unterstützung - J.N.

2 Stunden 30 Minuten | 1 Pause
1. Teil: 60 Minuten, 2. Teil: 60 Minuten

URAUFFÜHRUNG:
Hamburg Ballett, Staatsoper, Hamburg, 4. Dezember 2022

ORIGINALBESETZUNG:
ER: Aleix Martínez
Geistliche: Xue Lin, Madoka Sugai, Jacopo Bellussi, Christopher Evans, Alexandr Trusch
SIE: Ida Praetorius
Eine Witwe: Anna Laudere
Ein Offizier: Edvin Revazov
Der Schatten: Alessandro Frola
Der Fotograf: Lennard Giesenberg

GASTSPIEL:
2023 Baden-Baden

Das Programmheft und die DVD sind in unserem Onlineshop erhältlich.

[MEHR]
VOR DER AUFFÜHRUNG ZU LESEN
Von John Neumeier

Als ich meine letzte Saison als Direktor des Hamburg Ballett plante, war es extrem schwer, die letzte Kreation festzulegen. Sollte es ein bedeutendes Werk sein? Etwas Triviales, vielleicht ein Scherz? Oder sollte man es ganz lassen?

Letztlich wählte ich Bachs "Messe in h-Moll " – nicht, weil es „das größte musikalische Kunstwerk aller Zeiten und Völker“ ist, wie Hans Georg Nägeli 1818 schrieb. Nach reiflicher Überlegung und nachdem ich schon 1987 einzelne Sätze der Messe für das Ballett "Magnificat" an der Pariser Oper kreiert hatte, war mein Eindruck: Jetzt ist "meine Zeit" für dieses Werk gekommen, über das ich seit vielen Jahren nachgedacht habe. Als ich mich für das Werk entschied, war mir klar, dass diese geplante, letzte Kreation die Stärke und Leistungsfähigkeit des Hamburg Ballett zum Ausdruck bringen müsste.

Ich gab dem Ballett den Titel des Schlusschors ("Dona nobis pacem", Gib uns Frieden) – lange vor dem 24. Februar 2022, denn dieser Titel drückt aus, was sich als roter Faden durch alle meine Werke zieht und was seit Urzeiten zu den stärksten Sehnsüchten der Menschheit zählt. Unglückseligerweise hat der Titel seit Beginn des furchtbaren Kriegs in der Ukraine eine unmittelbare Relevanz bekommen.

Als Absolvent einer Jesuiten-Universität bin ich überzeugt, dass auch mein Glaube, meine persönlichen Zweifel und meine Zerrissenheit untrennbar zu meiner Persönlichkeit gehören und daher geeignete Themen sind, um ihnen in meiner Kunst eine Form zu geben. Ich bin sicher, dass kein anderer Choreograf so viele Ballette zu religiösen Werken geschaffen hat. Selbstverständlich habe ich diese Ballette nicht als "Tanz-Missionar" kreiert, sondern weil sie für mich ein ernsthaftes Anliegen sind – und eine Wirklichkeit im Seelenleben jedes Menschen.

Bachs "Messe in h-Moll" ist ein komplexes, rätselhaftes – ein herausragendes Werk. Anders als ein Oratorium hat es keine Erzählebene, und es besteht aus vielschichtigen Sätzen unterschiedlicher Stile und Entstehungszeiten. Dieses Werk ist die größte Herausforderung meines Lebens. Daher habe ich frühzeitig entschieden, dem Ballett einen Untertitel zu geben: Choreografische Episoden, inspiriert von Johann Sebastian Bachs "Messe in h-Moll".

Übersetzung: Jörn Rieckhoff


MUSIKALISCHE REIHENFOLGE

I. MISSA (Kyrie und Gloria)

1. Kyrie
ER, der Fotograf, ein junger Soldat, eine Witwe

2. Christe
ER, Junge Frauen

3. Kyrie
ER, eine junge Frau, Geistliche

4a. Gloria
Engel

4b. Et in terra pax
ER, ein junger Soldat, der Fotograf, Engel, Soldaten, Kindersoldaten

5. Laudamus te
ER, ein Offizier, ein männlicher Engel, Engel, Soldaten

6. Gratias agimus tibi
ER, ein Offizier, eine Witwe, Engel, Soldaten

7a. Domine Deus
ER, ein Offizier, eine Witwe, Engel, Soldaten

7b. Qui tollis
Ein Offizier, ER, ein junger Soldat, ein weiblicher Engel, eine Witwe, Engel

8. Qui sedes
ER, eine Witwe, ein junger Soldat, Engel

9a. Quoniam tu solus sanctus
Der Schatten, der Fotograf, ER

9b. Cum Sancto Spiritu
ER, ein junger Soldat, der Fotograf, Engel, Soldaten, Junge Frauen

PAUSE

II. SYMBOLUM NICENUM

10. Credo in unum Deum
Der Fotograf, SIE, eine Witwe, eine Gemeinde

11. Patrem Omnipotentem
SIE, eine Gemeinde

12. Et in unum Dominum
SIE, ein Geistlicher

13. Et incarnatus est
SIE, ER, eine Gemeinde

14. Crucifixus
ER, SIE, eine Gemeinde

15. Et resurrexit
ER, eine Gemeinde

16. Et in Spiritum sanctum
Ein Geistlicher, Witwen

17a. Confiteor
Witwen, ER

17b. Et expecto
ER, Witwen, eine Gemeinde

III. SANCTUS

18a. Sanctus
Engel, ER, Der Fotograf, eine junge Frau

18b. Pleni sunt coeli
Eine Gemeinde

IV. OSANNA, BENEDICTUS, AGNUS DEI, DONA NOBIS PACEM

19. Osanna in excelsis
ER, Jogger

20. Benedictus
Eine junge Frau, ER, Geistliche

21. Osanna in excelsis
ER, Jogger

22. Agnus Dei
Zwei Geistliche, ER

23. Dona Nobis Pacem
Ensemble

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